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Montag, 16. September 2013

China 2 – Der „Xianging – Tibet Highway“ - Ein Abenteuer ?


In Yechen beginnt sie, die Staatsstraße G 219 (Xianging Tibet Highway). Über 2100 Kilometer lang führt der Highway von Yechen bis nach Latse in Tibet. Die G 21 führt über mehrere Pässe von mehr als 5000 Meter Höhe auf das tibetische Hochplateau (4500 M.ü.NN). Gemäß unserem Reiseführer ist die G 219 überwiegend eine „staubige, holprige Piste“. Somit beste Aussichten auf eine wenig erholsame Fahrt.

Die Beschilderung ist stark gewöhnungsbedürftig

Unser neuer Guide (der alte darf nicht nach Tibet reisen) baut uns auf. Es ist alles nicht so schlimm. Bis auf ein paar Abschnitte - an denen noch gebaut wird - haben wir eine neue Asphaltstraße vor uns.

Die G219

Wie sich herausstellen wird, hat er Recht. Über 90% der Strecke sind asphaltiert, lediglich auf etwa 200 Kilometern wird noch gebaut.

Wenn man die Besonderheiten der Lage der Straße (s.u.) nicht außer acht lässt, ist die Reise auf der G 219 etwa so abenteuerlich wie ein Sonntagsausflug in den Schwarzwald, dauert jedoch deutlich länger.

  • Höhenlage
    Die Länge der Tagesetappen sollte nicht von den zurückgelegten Kilometern abhängig gemacht werden, sondern von der Höhenlage der möglichen Übernachtungsorte. So haben wir auf Anraten von Passang (unserem Guide) am ersten Tag etwa 360 Kilometer zurückgelegt am Zweiten nur 120 Kilometer und am Dritten wieder 270 Kilometer. Die Höhe der Übernachtungsorte ist dabei von 3600 M.ü.NN am ersten Tag über 4100 M.ü.NN am Zweiten auf 4500 M.ü.NN am dritten gestiegen. Dieses – relativ – moderate Ansteigen der Übernachtungshöhen haben wir ganz gut vertragen. Lediglich Gaby hatte am zweiten Tag Symptome der Höhenkrankheit.
    Was passiert, wenn man die Höhe unterschätzt und das Wissen des Guides ignoriert haben die beiden Motorradfahrer der Gruppe leidvoll am eigenen Leib erfahren müssen.
    Da ihnen die zweite Etappe zu kurz war sind sie heimlich aufgebrochen und weitergefahren. Dummerweise haben sie das Streckenprofil nicht studiert. Die Straße ist kontinuierlich angestiegen. Nach 200 Kilometer einsamer Fahrt wurden Sie an einem Checkpoint von chinesischem Militär auf 5200 M.ü.NN gestoppt. Weiter durften sie nicht (ohne Guide) und zurück konnten sie nicht (kein Benzin). Also mussten sie auf 5200 M.ü.NN im Zelt des Postens übernachten. Medikamente gegen die Höhenkrankheit hatten sie keine dabei und Verpflegung auch nur in geringem Maße. Letztendlich haben sich die Chinesen um die Beiden gekümmert, mit Medikamenten sowie Lebensmitteln versorgt und somit den "Ausflug" zu einem guten Ende geführt.
  • Einer - der vielen - Checkpoints
    Checkpoints
    In regelmäßigen Abständen gibt es Checkpoints an der Strecke, die ohne den Guide und die erforderlichen Genehmigungen nicht passiert werden können (gilt zumindest für PKW's). Ein Teil der Checkpoints wird vom Militär betrieben, die restlichen von der Polizei.Die vom Militär betriebenen Checkpoints sind die schlimmsten. Hier geht es über genau zu. Teilweise fühlt man sich wie an einer Landesgrenze, denn es wird manchmal auch das Fahrzeug kontrolliert.
    Wesentlich entspannter geht es bei der Polizei zu. Der größte Teil der polizeilichen Checkpoints dient der Geschwindigkeitsüberwachung (wiederum nur für PKW).
    Am ersten Checkpoint erhält man einen Zettel mit der erlaubten Mindestzeit und am zweiten Checkpoint wird kontrolliert, ob man die Zeit unterschritten hat. Falls ja, darf man zahlen oder dem Guide fällt eine gute Ausrede ein.
    An den restlichen polizeilichen Checkpoints werden die Papiere kontrolliert, jedoch wesentlich weniger penibel als beim Militär.
  • Baustellen
    Wie bereits erwähnt wird auf etwa 200 Kilometern noch gebaut. Falls topografisch möglich, gibt es eine Umfahrung der Baustelle auf einer Piste neben der eigentlichen Fahrbahn. Andernfalls fährt man direkt durch die Baustelle. Mit etwas Geduld und Kommunikation mit den Baumaschinenfahrern (hier hilft der Guide) findet sich immer ein Weg durch das Gewusel von Maschinen und das Gewirr von Erdhaufen auf der Straße.
    Sollte eine Umfahrung eingerichtet sein, so schwankt die Qualität dieser Piste doch erheblich. Von relativ ebenen Schotterpisten bis zu extrem buckligen Schlammpisten reicht das Spektrum. Vereinzelt müssen auch kleinere Bäche durchfahren werden. Die Wassertiefe ist jedoch gering (nie mehr als 30 cm) und die Bäche sind auch nicht breit (< 10 Meter).
    Ruhepause auf 5000 Meter Höhe - nach einer Baustelle
    In den meisten Fällen war es jedoch möglich die Umfahrung zu vermeiden, indem wir auf der noch nicht ganz fertigen Hauptstrecke gefahren sind. In den Fällen in denen wir tatsächlich die Umfahrungen nutzen mussten, konnten wir uns mit dem Gedanken trösten, dass sie nie sehr lang sind und spätestens nach 10 Kilometern wieder Asphalt auf uns wartet.

  • Treibstoff- und Lebensmittelversorgung
    Überraschend einfach ist die Versorgung mit Diesel und Lebensmitteln. In jedem Ort gibt es Geschäfte in denen man Lebensmittel kaufen kann. Auch wenn das Angebot überschaubar ist, die Preise teilweise recht hoch sind und die Ortschaften bis zu 100 Kilometer auseinander liegen, bei vernünftiger Planung wird niemand hungern müssen.
    Ähnlich ist die Versorgungslage bei Diesel und Benzin. Treibstoff gibt es in jedem Ort. Entweder an einer „richtigen“ Tankstelle oder aus Kanistern. Um nicht auf den zweifelhaften Treibstoff aus den Kanistern angewiesen zu sein, sollte die Reichweite des eigenen Fahrzeugs 500 Kilometer nicht unterschreiten.

Fazit: Mit der Investition von etwas Hirnschmalz, Beachtung der von den chinesischen Behörden aufgestellten Regeln, gründlicher Vorbereitung ist die Fahrt auf der G219 kein Abenteuer, sondern eine lange Reise durch eine teilweise sehr einsame, natürliche und interessante Gebirgslandschaft.

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